Update: Zürcher Kantonsräte setzen auf Gegenvorschlag zur Initiative für digitale Integrität
Wie die Kantonsregierung schlägt auch die zuständige Kommission des Kantonsrats Zürich vor, die Volksinitiative für ein Recht auf digitale Integrität abzulehnen. Sie nimmt das Anliegen jedoch in einem Gegenvorschlag auf. Dieser soll den privatwirtschaftlichen Akteuren mehr Freiräume im Bereich der Digitalisierung gewähren.

Update vom 28.04.2025: Auf Antrag der Kantonsregierung empfiehlt die zuständige Kommission für Staat und Gemeinden (STGK) im Zürcher Kantonsrat, die Volksinitiative "für ein Grundrecht auf digitale Integrität" abzulehnen. Die im August 2024 von der Schweizerischen Piratenpartei eingereichte Initiative will mehrere Rechte in die Zürcher Verfassung aufnehmen, wie etwa das Recht auf Vergessenwerden, das Recht auf ein Offline-Leben und das Recht, nicht von einer Maschine beurteilt zu werden.
In einer Mitteilung des Kantonsrats Zürich äussert die vorberatende Kommission ihre Sympathie für die Initiative und räumt ein, dass es grosse Chancen gibt, dass sie vom Volk angenommen wird - so wie in Genf 2023 und Neuenburg 2024. Dennoch sei die Kommission der Ansicht, dass die geforderten Rechte zu absolut formuliert seien. Deswegen legt sie einen Gegenvorschlag vor. Der Initiativtext suggeriere, dass Private in die Pflicht genommen werden könnten - "dies ist jedoch nicht der Fall, da für die Regelung der Verhältnisse zwischen Privaten der Bund zuständig ist", heisst es in der Mitteilung.
Der Gegenvorschlag sieht vor, dass man die Verfassung des Kantons Zürich dahingehend ergänzt, dass der Kanton für die Wahrung der Grundrechte im digitalen Raum sorgt. Es sollen folgende Rechte festgehalten sein: ein Recht auf Informationssicherheit; das Recht, staatliche Leistungen auf analogem Weg in Anspruch zu nehmen - wobei das Gesetz Ausnahmen vorsehen kann; und schliesslich ein grundsätzliches Recht darauf, nicht permanent überwacht, vermessen und analysiert zu werden. Weiter seien Entscheide, die die verfassungsmässigen Grundrechte einschränken, in der Regel von einer natürlichen Person und nicht ausschliesslich durch einen Algorithmus zu treffen.
Eine Kommissionsminderheit (SVP, FDP) spricht sich allerdings auch gegen den Gegenvorschlag aus. Aus ihrer Sicht hätte man die Volksinitiative auf Bundesebene einreichen müssen. Auch der Gegenvorschlag wecke falsche Erwartungen, das Vorgehen sei daher ungeeignet, so die Argumentation.
Update vom 23.08.2024:
Zürcher Piratenpartei reicht Initiative für digitale Integrität ein
Die Piratenpartei des Kantons Zürich hat ihre Volksinitiative, die ein Grundrecht auf digitale Integrität verlangt, bei der Kantonsverwaltung eingereicht. 9841 Unterschriften kamen zusammen, wie die Piratenpartei Schweiz mitteilt. Somit dürfte die Initiative zur Abstimmung kommen - dafür reichen bereits 6000 beglaubigte Unterschriften.
"Dies ist ein historischer Moment", lässt sich Alexis Roussel, ehemaliger Co-Präsident der Piratenpartei und Wegbereiter der Initiative, in der Mitteilung zitieren. "Das Recht auf digitale Integrität gibt uns das Werkzeug, um gegen Massenüberwachung zu kämpfen."
Mit der kantonalen Initiative wollen die Piraten an den Abstimmungserfolg im Kanton Genf anknüpfen. Am 18. Juni 2023 hatten 94 Prozent der Genfer Stimmbevölkerung einem ähnlichen Vorstoss für ein neues Verfassungsrecht auf digitale Unversehrtheit zugestimmt. Auf Bundesebene stiess das Anliegen im vergangenen Dezember allerdings auf Ablehnung: Der Nationalrat erteile einer entsprechenden parlamentarischen Initiative mit deutlicher Mehrheit eine Abfuhr.
Originalmeldung vom 19.08.2024:
Recht auf digitale Integrität kommt wohl vors Zürcher Stimmvolk
Am 23. August endet die Sammelfrist für die Volksinitiative "für ein Grundrecht auf digitale Integrität" im Kanton Zürich. Lanciert wurde die Initiative von der Zürcher Sektion der Piratenpartei sowie ZH.Digital, wie auf deren Website zu lesen ist.
Gegen 9000 Personen unterschrieben das Anliegen bisher, verrät Monica Amgwerd, Geschäftsführerin bei den Zürcher Piraten, auf Anfrage. Mindestens 6000 davon seien bereits beglaubigt – die genauen Zahlen will das Komitee am Mittwoch veröffentlichen. Dennoch scheint sicher, dass es im Kanton Zürich zur Volksabstimmung kommen wird, denn dazu reichen 6000 beglaubigte Unterschriften.
Vergessen werden, offline sein dürfen
Die Forderung nach dem Recht auf digitale Unversehrtheit begründen die Initianten mit neuartigen Technologien und den damit verbundenen Gefahren: "Beispielsweise ermöglicht die künstliche Intelligenz neue Überwachungsmethoden wie Chatkontrolle, Gesichtserkennung und Social-Scoring, welche die Menschen in ihrer Freiheit bedrohen. Auch digitale Ausweise, elektronisches Zentralbankengeld und E-Voting schaffen weitere Möglichkeiten zur Überwachung", heisst es auf der Website unter anderem. Der aktuelle Grundrechtskatalog aus einer Zeit, "in welcher die Informationstechnologie hauptsächlich aus Stift, Papier bestand". Es sei notwendig, das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit um ein Recht auf digitale Unversehrtheit zu ergänzen.
Aus der Forderung nach dem Grundrecht auf Wahrung der digitalen Integrität leitet das Initiativbündnis sechs weitere Rechte ab:
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Das Recht auf Vergessenwerden,
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das Recht auf ein Offline-Leben,
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das Recht auf Informationssicherheit,
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das Recht darauf, nicht von einer Maschine beurteilt zu werden,
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das Recht darauf, nicht überwacht, vermessen und analysiert zu werden sowie
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das Recht auf Schutz vor Verwendung von Daten ohne Zustimmung, welche das digitale Leben betreffen.
Genf stimmte schon zu, der Nationalrat wollte noch nicht
Gegenüber dem Nachrichtenportal "20 Minuten" stellt Amgwerd klar, man richte sich mit der Initiative nicht gegen die Digitalisierung. "Wir verstehen als digitalaffine Menschen bei der Piratenpartei aber auch die Risiken und sagen, dass es nun Regeln braucht."
Passiere jetzt nichts, bestehe das Risiko, von der KI ausgeschlachtet zu werden, fürchtet Amgwerd. Das Wissen und die Arbeit der Menschheit werden entwertet, was auch wirtschaftlich problematisch ist. Zudem können Demokratien manipuliert werden. Was der Fall Cambridge Analytica anschaulich beweist. Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Kombination aus Profiling, Scoring und Targeting zerstört die Grundpfeiler der Demokratie.
Zürich wäre nicht der erste Kanton, der ein Recht auf digitale Integrität einführt. Im Kanton Genf stimmten im Frühling 2023 über 90 Prozent der Stimmberechtigten für eine entsprechende Verfassungsänderung.
Nicht eingeführt wurde der Artikel im Kanton Wallis, wie der Chronik auf "Watson" zu entnehmen ist. Er wäre Teil einer revidierten Kantonsverfassung gewesen, die das Stimmvolk ablehnte.
Auch kein Gehör fand im Winter 2023 eine parlamentarische Initiative im Nationalrat. Doch vom Tisch dürfte das Thema damit nicht sein, wie Sie hier lesen können.
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