Was in unseren Gehirnen während einer Cyberkrise passiert
Vom 14. bis zum 16. November findet die Fachveranstaltung Gohack24 statt. Neuropsychologe Wolfgang Maier gibt im Interview einen Vorgeschmack auf seine Präsentation "Entscheidung in der Cyberkrise: Was in unserem Gehirn vorgeht", die er am Symposium halten wird. Für schnelle Leser und Leserinnen gibt es einen kostenlosen Eintritt.
Was geht in unserem Gehirn vor, wenn wir in einer Cyberkrise stecken?
Wolfgang Maier: Der präfrontale Cortex - der "Manager" - versucht, Ordnung ins Chaos zu bringen. Gleichzeitig feuern Stresshormone aus allen Rohren und Panik schiebt unserem Verstand einen Riegel vor. Unter enormem Stress und Hochdruck rufen wir automatisierte Reaktions-Prototypen auf Situations-Prototypen ab. Was heisst das? Rationales Denken geht in den Hintergrund und kopfloser Aktionismus übernimmt.
Wie unterscheidet sich die Entscheidungsfindung unter Stress, wie beispielsweise während einer Cyberattacke, von der in weniger belastenden Situationen?
Wenn Sie in einer ruhigen Situation eine Entscheidung treffen, funktioniert das Gehirn in etwa wie bei der Weindegustation: Sie heben sorgfältig Ihr Glas, schwenken es, schnuppern daran, um dann in aller Ruhe einen Schluck zu nehmen. Aber unter Stress verwandelt sich das Ganze in eine Art Wetttrinken mit harten Sachen: Alles wird überhitzt, die Zunge brennt.
In der Evolution hat sich ein riesiger Vorteil und gleichzeitig eins der grössten Probleme des Menschen eingeschliffen, die Konditionierung. Bleiben wir beim Wein, stellen Sie sich vor, eine schöne Atmosphäre, ein toller Mensch an Ihrer Seite, Blick aufs Meer, lauschiger Abend und dann der Rotwein. Voller Begeisterung bestellen Sie sich ein paar Kartons nach Hause. Aber zu Hause schmeckt er nicht mehr so gut. Ob blind vor Liebe oder in Stresssituationen: Wir sehen nur einen Teil - vor allem sehen wir nur, was wir sehen wollen. In solchen Situationen gehen wir auf die Ebene des Reptiliengehirns. Wir spulen Bekanntes ab, das ist nicht nur bei Opa so; eher versetzen Sie Berge als seinen Dickkopf.
Wie gut sind Menschen Ihrer Meinung nach darauf vorbereitet, in Krisensituationen, insbesondere Cyberkrisen, schnelle und effiziente Entscheidungen zu treffen?
Ah, das klingt wie die Frage "Wie gut waren unsere Vorfahren darauf vorbereitet, einem Säbelzahntiger zu begegnen?". Rein theoretisch kennen wir alle die Schritte: Ruhig bleiben, dem Tier nicht in die Augen schauen und langsam zurückweichen. Aber diese Theorie flieht wie Schall. Manche Menschen frieren ein in solchen Stresssituationen, die meisten reagieren aber panisch. Aber, keine Entscheidung zu treffen, ist auch eine Entscheidung. Es geht um Opportunitätskosten, um Kosten, die entstehen, wenn man nichts macht. Diese sind enorm. Wir müssen den Notfall bedenken. Rechnen Sie mit dem Schlimmsten, planen Sie mit der Katastrophe. Nehmen Sie es ins Budget auf und freuen Sie sich, wenn Sie es nicht brauchen. So überlistet man den uralten Panik-Instinkt.
Wie können wir das Bewusstsein für die eigenen kognitiven Prozesse in Krisensituationen schärfen, um bessere Entscheidungen zu treffen?
"James Bond" oder Stärkung des metakognitiven Bewusstseins. Das kriegen intelligente Menschen hin, auch wenn sie impulsiv und triebgesteuert sind. Wir müssen die kalten und die heissen exekutiven Funktionen hier auseinanderhalten. Die kalten nutzen wir für die Strategie, Planung, Organisation und die heissen exekutiven Funktionen wie Impulsivität, Stressbewältigung, Ruhe bewahren in enormen Stresssituationen, die trainieren wir. Natürlich müssen Sie auch wissen, wen Sie in welche Position bringen.
Mehr zu diesem Thema und wie man dem entgegenwirken kann, erfahren Sie am Gohack24 Symposium von Gobugfree am 14. November. Wolfgang Maier wird seine Präsentation gemeinsam mit Bettina Zimmermann, CEO der GU Sicherheit & Partner AG, halten.
Das Programm beinhaltet zudem Referate von Roger Knoepfel, Leiter Schwachstellen-Management beim Bundesamt für Cybersicherheit (BACS), Serdar Günal Rütsche, Chef Cybercrime bei der Kantonspolizei Zürich & Leiter NEDIK, David Ribaud, CEO Specialty Markets bei Helvetia, und weiteren Spezialisten. Abgerundet wird das Symposium durch einen Apéro riche mit der Möglichkeit zum Networking.
Wer dabei sein will, findet hier auf der Gohack24-Website weitere Informationen zum Event sowie die Möglichkeit, Tickets zu kaufen. Die ersten fünf Leser und Leserinnen, die auf diesen Link zur Event-Website klicken, erhalten ein kostenloses Ticket zum Gohack24.
Einen Eindruck vom Vorjahresevent können Sie sich hier im Eventbericht zum Gohack23 machen.