Von Smart Glasses bis Open-Source-Intelligence

Strafverfolger loten den Einsatz neuer Technologien aus

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von René Jaun und dwi

Wie können Polizeien künstliche Intelligenz sinnvoll einsetzen? Und wie verändert sich die Strafverfolgung, wenn auch kriminelle neue Technologien nutzen? Mit derartigen Fragen befassten sich Polizeifachkräfte und Interessierte an zwei Konferenzen Anfang November.

(Source: geralt / pixabay.com)
(Source: geralt / pixabay.com)

Mit neuen Technologien ist es ein zweischneidiges Schwert. Zu den Chancen, die sie bieten, gesellen sich neue Herausforderungen. Dass sie gar neue Gefahren mit sich bringen, dürften Strafverfolgungsbehörden besonders gut wissen, denn sie befassen sich tagtäglich mit neuen Varianten der Kriminalität, klären Verbrechen auf und leisten Präventionsarbeit. Gleichzeitig möchten sie neue Technologien – künstliche Intelligenz (KI) ist nur eine davon – selber zur Verbesserung ihrer Arbeit zu nutzen.

12. internationales Symposium Neue Technologien

Um neue Technologien und darum, wie sie die Polizeiarbeit und die Kriminalität verändern, ging es Anfang November an gleich zwei Fachkonferenzen. Beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) etwa fand am 5. und 6. November 2025 das 12. Symposium Neue Technologien statt. Das Fedpol organisiert die Fachtagung jeweils zusammen mit den Polizeibehörden Österreichs und der Deutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, wie der Bund mitteilt, wobei der Austragungsort jedes Jahr wechselt. Die Ausgabe dieses Jahr stand unter dem Thema "Zukunft der Kriminalitätsbekämpfung – Technische Innovationen und gesellschaftliche Herausforderungen" und zog 200 internationale Expertinnen und Experten aus Sicherheitsbehörden, Wissenschaft und Wirtschaft an.

Das Symposium bot eine Plattform für den internationalen Austausch über aktuelle Forschungsprojekte, marktreife Entwicklungen und konkrete Anwendungsbeispiele im Bereich moderner Kriminalitätsbekämpfung, wie der Bund zusammenfasst. In Vorträgen und Diskussionen wurden die Potenziale und Grenzen neuer Technologien, insbesondere der künstlichen Intelligenz, beleuchtet und deren Bedeutung für die Polizeiarbeit der Zukunft diskutiert.

Die behandelten Themen umfassten laut "Polizeinews" unter anderem die Abstimmung von Forschungsaktivitäten auf europäischer Ebene, Erfahrungen bei der forensischen Sicherstellung verschlüsselter Speichersysteme und der Einsatz von Open-Source-Intelligence (OSINT), um die Öffentlichkeit für hybride Bedrohungen zu sensibilisieren.

Weitere Beiträge beschäftigten sich mit KI-gestützten Methoden zur Erkennung von Radikalisierungsphänomenen in digitalen Räumen sowie mit technischen Neuerungen zur Sicherstellung und Auswertung digitaler Spuren. Zudem habe man ein Projekt am Flughafen Zürich vorgestellt, bei dem mittels sogenanntem Red Teaming (simulierten Cyberangriffen) Sicherheitsmethoden evaluiert werden.

19. Forum Innere Sicherheit

Ganz auf ein Publikum aus der Schweiz ausgerichtet ist das Forum Innere Sicherheit des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB), welches am 4. November 2025 zum 19. Mal über die Bühne ging. Es richtete sich an Polizistinnen und Polizisten, Mitglieder aus den Organen des Verbands, kantonale und nationale Politikerinnen und Politiker sowie am Thema oder politisch interessierte Personen, wie der VSPB schreibt. Dieses Jahr zählte der Anlass rund 160 Teilnehmende und stellte im Schwerpunkt die Frage "Sicherheit 4.0 - Wie weit kann die Polizei mit KI gehen?"

Im Laufe des Forums wurden laut dem Verband verschiedene Gesichtspunkte beleuchtet: Es wurde aufgezeigt, welche KI-Trends in der Polizeiarbeit aktuell sind, welche Technologien bereits zum Einsatz kamen und welche KI-Modelle sich in der Praxis nicht umsetzen liessen. Zudem wurde untersucht, wie sich der Umgang mit künstlicher Intelligenz in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern unterschied und ob die Polizeien auf den Einsatz von KI vorbereitet waren.

Die geladenen Gäste berichteten aus ihrer Expertise und zeigten eindrücklich, welchen Einfluss KI auf die Polizeiarbeit hat. Nicht nur im täglichen Gebrauch und Umgang, sondern auch in der Ausbildung. Die Polizei müsse den Straftätern stets einen Schritt voraus sein, so der Verband. Deshalb sei es wichtig, dass die polizeiliche Aus- und Weiterbildung dem Rechnung trage.

Jean-Marc Rickli, Head of Global and Emerging Risks am Geneva Centre for Security Policy (GCSP), erklärte, wie Smart Glasses für die Vorbereitung von Terror-Attacken benutzt wurden, wie KI-Plattformen Täter bei der Berechnung der Sprengstoffmengen und der Beschaffung von Feuerwerkskörpern unterstützen und wie Crime as a Service (CaaS) Phishing-Kits und Hacking-Dienste im Dark Web verkauft.

Matteo Cocchi, Präsident der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten der Schweiz (KKPKS), gab einen Einblick in den aktuellen Stand der Dinge in der Nutzung von KI bei den Schweizer Polizeien. Namentlich bei der Videoanalyse, bei Transkriptionen oder Übersetzungen und in der digitalen Forensik. Bei den Risiken und den operativen Einschränkungen sah er die Privatsphäre, den Datenschutz, die Voreingenommenheit, die Verhältnismässigkeit, die Kontrollkette, Cybersecurity und das schnelle Wachstum von Dienstleistern als problematisch.

Der Schweizer Föderalismus sei keine Hilfe beim Finden gemeinsamer Lösungen zur Regulierung von KI, stellt der Verband im Fazit fest. herausfordernd gestalte sich zudem die Schulung von Mitarbeitenden und der Förderung von Innovationen. "Sämtliche Referierenden riefen zu mehr Mut und vorausschauender Denkweise auf. Sämtliche Akteure sollen über die Kantonsgrenze schauen; eine gemeinsame Plattform und Netzwerk wäre hilfreich", schreibt der VSPB.

 

Den Datenaustausch der kantonalen Polizeibehörden zu verbessern, ist auch Anliegen in Bundesbern. Kritik an einer geplanten Plattform kam derweil vom Datenschutzbeauftragten, wie Sie hier lesen können.

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